Die neue Gesundheitspolitik der ÖVP: Marcus Franz
Die verstaubte ÖVP sollte unter Reinhold Mitterlehner einen liberalen Anstrich bekommen. „Perestrojka“ nannte das „Die Presse“. Mit meinem politischen Gegenüber als Gesundheitssprecher des Team Stronach wechselt nun ein Abgeordneter zur ÖVP, auf den das Label „liberal“ wohl nicht voll zutrifft.
Sozialpolitische Ansagen
Massiven öffentlichen Widerspruch erntete Marcus Franz für seine Ansicht, es handle sich bei Homosexualität um eine Anomalie und überdies sei freiwillige Kinderlosigkeit amoralisch. Zu diesen gesellschaftspolitischen Ansagen passte in weiterer Folge, dass der Mediziner das neue Fortpflanzungsmedizingesetz ablehnte und im Zuge dessen kritisierte, die ÖVP sei „keine Familienpartei mehr“, eben weil sie das neue Gesetz befürwortete. Mit Spannung darf also nun beobachtet werden, ob sich die Meinung von Marcus Franz in diesen Punkten ändern wird oder ob die ÖVP doch wieder auf eine konservativere Linie zurück schwenkt.
Der implantierte Chip
Auch wird sich (Noch-?)ÖVP-Gesundheitssprecher Erwin Rasinger die Frage gefallen lassen müssen, ob die ÖVP jetzt ebenfalls dafür eintritt, allen Bürgern einen Chip einzupflanzen, auf dem alle medizinisch notwendigen Daten gespeichert sind. Das entspräche nämlich auch einer Forderung des bisherigen Team Stronach-Gesundheitssprechers.
Gesundheitspolitisches
Der erfahrene Arzt Dr. Marcus Franz hat daneben auch viele gescheite Vorschläge eingebracht, die von den Vertretern der ÖVP bisher immer eiskalt abgeschmettert worden sind. Dazu zählen z.B. die Anstellungsmöglichkeit für Ärzte bei Ärzten, eine Harmonisierung des österreichischen Gesundheitssystems, die Entmachtung der Landesfürsten im öffentlichen Spitalswesen und andere Dinge.
Spannungen programmiert
So natürlich es ist, unterschiedlicher Meinung zu sein, so schwierig wird es wohl, nach einem Parteiwechsel geradezu diametral auseinanderliegende Standpunkte unter einen Hut zu bekommen. Mitten im Versuch der stark föderalistisch organisierten ÖVP, sich liberaler auszurichten, nimmt sie einen zentralistisch denkenden Gesundheitspolitiker auf, der ein konservatives Familien- und Gesellschaftsbild vertritt. Das kann ja im doppelten Sinne spannend werden.
Foto: © Parlamentsdirektion / Bildagentur Zolles / Mike Ranz