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Der Schaden für das Parlament ist Absicht

Die ÖVP verachtet das Parlament. Sie zeigt das demonstrativ in mehrerlei Weise. Eine davon wird gerade in diesen Tagen augenscheinlich: Die ÖVP beschickt das Amt des Nationalratspräsidenten zweimal hintereinander mit völlig ungeeigneten Personen.

Elisabeth Köstinger zeigt sich in der ORF-Pressestunde vom 09.05.2021 einig mit ihrem Nachfolger Wolfgang Sobotka: Die Wahrheitspflicht im Untersuchungsausschuss müsse man überdenken. Wie ein Ausschuss, dessen Aufgabe darin liegt, die Wahrheit herauszufinden, ohne Wahrheitspflicht arbeiten soll, muss sie den Journalisten nicht erklären. Statt der historisch vorbelasteten „Quatschbude“ verwendete sie den Begriff „Löwinger-Bühne“. Ihre Verachtung für Arbeit der Volksvertreter im Untersuchungsausschuss, der zwischenzeitlich mehrere korrupte Vorgänge aufgedeckt hat, war aber unmissverständlich.

Köstinger wurde im Jahr 2017 von der ÖVP im Amt der Nationalratspräsidentin für 39 Tage zwischengeparkt, ohne vorher je im Nationalrat gedient zu haben. Nach ihrer Wahl konnte sie nicht einmal die Namen der Schriftführer und der Ordner des Parlaments fehlerfrei vom Zettel ablesen, weil sie diese Personen erstens nicht kannte und sich zweitens nicht die Mühe gemacht hatte, vorab die Träger der relevanten Funktionen im Haus zu erfragen. „Wenn ich eh nur ein paar Tage übergangsweise da bin, muss ich mir den Aufwand nicht antun“, wird sie sich gedacht haben.

Als Köstinger nach diesen 39 Tagen Ministerin wurde, schickte die ÖVP, der als größter Fraktion eine Art informelles Nominierungsrecht für den Nationalratspräsidenten zukommt, die nächste ungeeignete Person in dieses Amt, nämlich Wolfgang Sobotka. Auch er hatte davor nie als Abgeordneter des Hohen Hauses gearbeitet. Ohne Kenntnis von Sitte und Gebrauch – und auch ohne jegliches Interesse dafür – fuhrwerkt er bis heute. Dabei ist ihm auch egal, wenn seine Ignoranz das eigene Standing schädigt: Der erste Ordnungsruf geht traditionell an einen Abgeordneten der eigenen Fraktion. Ein neuer Präsident signalisiert so sein Herausschlüpfen aus der Parteifunktion in die überparteiliche Rolle. Doch auf solche Usancen pfeift Sobotka. Er kann mangels Abgeordnetentätigkeit auch nicht wissen, dass die Glocke auf dem Präsidentenpult nicht seinem inneren Lehrer dient, um im Hohen Haus Ruhe zu schaffen. Vielmehr signalisiert der sitzungsführende Präsident mit einem leisen Klingeln dem Redner, dass seine Redezeit zu Ende ist, ohne ihn dafür unterbrechen zu müssen. Sobotka bevorzugt stattdessen eine rüde Unterbrechung mit einem groben „Schlusssatz, bitte“. Schwarz-türkise Parteikollegen dürfen schon mal etwas länger überziehen.

Wie egal Sobotka der Nationalrat und sein Funktionieren sind, konnte man auch gut beobachten, als das Gesetz zur Arbeitszeitflexibilisierung („12-Stunden-Tag“) als Initiativantrag eingereicht wurde. Es entbrannte Streit, ob der Antrag, wie von der ÖVP gewünscht, dem Ausschuss für Wirtschaft und Industrie oder, wie seit Jahrzehnten alle arbeitsrechtlichen Anträge, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zugewiesen werden solle. In einer Stehpräsidiale musste die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures den amtierenden Präsidenten mit der für ihn neuen Information versorgen, dass nach der Geschäftsordnung der Präsident über die Zuweisung eines Antrages an den Ausschuss entscheidet. Entgegen der Regeln wies Sobotka den Antrag dem Wirtschaftsausschuss zu.

Sobotka hält es auch als Vorsitzender des Ibiza-Untersuchungsausschusses nicht für nötig, den Vorsitz abzugeben, obwohl mehr als nur der Anschein seiner Befangenheit vorliegt. Schließlich musste er selbst rund um die Novomatic Auskunft zu Spendenflüssen an das von ihm geführte Alois Mock Institut geben. Wäre Sobotka das Ansehen des Hohen Hauses ein Anliegen, hätte er den Anschein der Befangenheit auch beim politischen Gegner gar nie aufkommen lassen, sofort reinen Tisch gemacht und den Vorsitz an eine andere Person abgetreten.

Die Liste von Vorgängen, mit der sich die mangelnde Eignung des aktuellen Nationalratspräsidenten und seiner Vorgängerin illustrieren lassen, ließe sich noch lange fortsetzen. Der Kern des Problems ist aber jener: Wer ein starkes Parlament will, schickt die besten Leute in die höchsten Funktionen. Aber die ÖVP entsendet mit Absicht ungeeignete Leute, weil sie das Parlament verachtet. So kann sie die Volksvertretung, die ihr so lästig ist, am besten schädigen.

1 Comment
  • Peter Schernthaner

    10. Mai 2021 at 16:43 Antworten

    Vielleicht wärs sinnvoll die Regierung darauf hinzuweisen, was „ Minister“ bedeutet – kommt bekanntlich aus dem Lateinischen und bedeutet „Diener“ und ganz hier konkret Diener des Souveräns und das ist, auch wenn’s bei den Türkisen noch nicht bekannt zu sein scheint, das Volk und den gewählten Vertretern des Volkes und das sind, auch wenn’s die Herrschaften verwundern wird, die Abgeordneten. Hier wedelt schon sehr lange der Schwanz mit dem Hund und das ist nie gut !

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