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Die Vorteile eines Liberalen Bürgergelds

Menschen sollen ihr Leben selbst in die Hand nehmen können und nicht bloß Bittsteller in einem überbürokratisiertem System sein, das Abhängigkeit fördert.

Natürlich gibt es Menschen, die aufgrund unvorhersehbarer Einschnitte in ihr Leben, nicht für sich selbst sorgen können. Ob das vorübergehend oder langfristig so ist, spielt für unsere Solidarität zunächst keine Rolle, allerdings ist der Anspruch an ein funktionierendes Sozialsystem auch, denen, die einen Rückschlag erlitten haben, wieder auf die Beine zu helfen, sofern das möglich ist.

Unser Vorschlag ist daher die Einführung eines Liberalen Bürgergeldes. Eine einzige auszahlende Stelle, bei der die Sozialleistung beantragt wird, sorgt für transparente Regeln und möglichst einfache, unbürokratische Beantragung. Derzeit werden Bürger zu Bittstellern gemacht, indem sie verschiedene Leistungen bei verschiedenen Behörden abrufen müssen: Die Notstandshilfe beim AMS, den Aufstockeranteil auf die Mindestsicherung bei der Bezirkshauptmannschaft bzw. dem Magistrat, allfällige Zuschüsse der Gemeinde vor Ort.

Um das System einfach und möglichst unbürokratisch zu halten, fordern wir die sozialen Sicherungssysteme Notstandshilfe und Mindestsicherung in ein System zusammenzuziehen und bundesweit einheitlich zu gestalten. Das entspricht nicht nur unserem Verständnis von Transparenz, sondern auch einer langjährigen Forderung des Rechnungshofes.

Niemand soll am System scheitern müssen. Es braucht daher eine Behörde, bei der die Anträge gestellt werden können und eine auszahlende Stelle (bspw. das Finanzamt). Soziale Absicherung ist nicht dazu gedacht, einen Behördendschungel zu züchten und die zu belohnen, die sich in diesem am besten zurecht finden. Das Liberale Bürgergeld ist für jeden, der Hilfe braucht und für jeden gelten dieselben Regeln. Einfach. Fair. Chancenorientiert.

Technische Details

Das Bürgergeld beruht auf dem Prinzip der „negativen Einkommenssteuer“. Wer kein oder nur geringes Einkommen bezieht, erhält Bürgergeld. Damit sich Leistung lohnt und ein Anreiz geschaffen wird, eine Arbeit aufzunehmen, wird das Einkommen nur teilweise auf das Bürgergeld angerechnet. Wer also Erwerbsleistung bringt, wird von Anfang an über mehr Einkommen verfügen als jemand, der nicht erwerbstätig ist. So werden Arbeitsanreize geschaffen.

Um Leistung attraktiv zu machen, werden daher Zuverdienstgrenzen für Bürgergeld-Bezieher möglich gemacht: Bis 700 Euro netto bleiben 50% des Erwerbseinkommens, darüber 33%. Im Laufe der Zeit (nach einem Jahr) sinken die Grenzen: 33% für bis zu 700 Euro, darüber 25%.

Durch die Bündelung der Leistungen ist das Liberale Bürgergeld übersichtlich, durch die zentrale Festsetzung der Ansprüche gerecht und dank einer einzigen Auszahlungsstelle mit lokalem Bezug effizient.

4 Comments
  • Benedikt Ebli

    8. Juni 2020 at 11:46 Antworten

    Lieber Gerald,

    ich hätte ein paar Fragen zum „Liberalen Bürgergeld“:
    – Wie lange wird man das LBG beziehen können (so lange man Hilfe benötigt – auch wenn das in einigen Fällen für immer heißt)?
    – Welche Voraussetzungen müssen für den Bezug von LBG gegeben sein (momentane Arbeitsunfähigkeit, Invalidität, Behinderung, Kind, Pensionist,…)?
    – Sind Sanktionen geplant (im Fall von vorhandener Arbeitsfähigkeit)?
    – Wird das LBG in weitere Folge auch andere Geldleistungen wie Kindergeld, Familienbeihilfe, Pensionen ersetzen?
    – Wie soll mit dem LBG ein Anreiz auf Vollzeitbeschäftigung geschaffen werden (Diskussionen wie z.B. 1000€ LBG vs. 1100€ Vollzeit-Arbeitseinkommen)?
    – Wie soll bundesweite Einheitlichkeit realisierbar sein, wenn es doch so große Unterschiede gibt (z.B. bei den Mietpreisen)?
    – Wäre ein hoher Sachleistungsanteil beim LBG sinnhaft?

    Vielleicht gibt es ja auf die eine oder andere Frage bereits eine Antwort im NEOS Konzept des LBG.
    Würde mich über eine Antwort freuen, da diese Dinge immer wieder im Rahmen von Gesprächen zu diesem Thema aufkommen.

    LG
    Bene

    • Gerald Loacker

      9. Juni 2020 at 15:26 Antworten

      Lieber Bene,
      Nachdem ich nicht die Legistikabteilung eines Sozialministeriums hinter mir weiß, ist das nicht bis auf den letzten Paragraphen ausziseliert.
      Das Bürgergeld knüpft an die Arbeitswilligkeit an und ist in dieser Form nicht beschränkt. Es ersetzt Notstandshilfe und Mindestsicherung, die ja auch zeitlich nicht beschränkt sind.
      Das liberale Bürgergeld ist kein BGE, das Kinderbetreuungsgeld oder Pensionen ersetzen soll.
      Das liberale Bürgergeld schleift ein. Daher ist Deine Gegenüberstellung EUR 1.000 Bürgergeld zu EUR 1.100 Erwerbseinkommen nicht richtig. Genau dieses Einschleifen macht ja den Unterschied des Bürgergeldes zum Alles-oder-nichts-Prinzip beim Arbeitslosengeld und bei der Notstandshilfe aus.
      Das liberale Bürgergeld ist keine Mietzinsbeihilfe.
      Ein Sachleistungsanteil ist sehr sinnvoll.
      Hier ein Interview mit mir dazu: https://www.freitag.de/autoren/ocyrus2/menschen-nicht-zu-bittstellern-machen
      Schöne Grüße
      Gerald

  • Benedikt Ebli

    12. Juni 2020 at 12:22 Antworten

    Hi Gerald,
    danke für Deine ausführliche Antwort.
    @Das liberale Bürgergeld schleift ein. Daher ist Deine Gegenüberstellung EUR 1.000 Bürgergeld zu EUR 1.100 Erwerbseinkommen nicht richtig. Genau dieses Einschleifen macht ja den Unterschied des Bürgergeldes zum Alles-oder-nichts-Prinzip beim Arbeitslosengeld und bei der Notstandshilfe aus -> Das mit der Einschleifregelung habe ich soweit rausgelesen. Bei Zuverdienst bis 700€ bleiben 50% (nach einem Jahr 33%), darüber hinaus 33% (nach einem Jahr 25%). Auf was ich hinaus wollte: Vergleich nur LBG(z.B. 1000€ netto im Monat)/HZJ(z.B. 600€ netto im Monat)/VZJ(z.B. 1200€ netto im Monat) -> bis 1 Jahr: 1000€/1300€/1400€ -> ab 1 Jahr 1000€/1200€/1300€. Ist hier wirklich Arbeitsanreiz gegeben? Eventuell für einen Teilzeitjob. Vollzeitbeschäftigung eher nicht. Dafür schaut zu wenig raus, oder? Ab einer gewissen Einkommensobergrenze wird das LBG wegfallen, oder?
    @Das liberale Bürgergeld ist keine Mietzinsbeihilfe. -> Hier wollte ich darauf hinaus, dass das wohnen in Wien ja teuer ist, als z.B. im Burgenland. Setzt man da auf zusätzliche Mietzinsbeihilfen um diese Ungerechtigkeit auszugleichen (einem Wiener würde dann ja durch das teurere Wohnen weniger zum Leben bleiben)?
    @Nachdem ich nicht die Legistikabteilung eines Sozialministeriums hinter mir weiß, ist das nicht bis auf den letzten Paragraphen ausziseliert. -> Hoffe, dass du bald einmal die Chance bekommst, Sozialminister zu werden.
    @Wäre es aber nicht sinnvoll, in weiterer Folge, andere Geldleistungen auch auf das LBG umzumünzen? Während des Heranwachsens sollten es Eltern als Sachwalter bekommen (Ersatz Familienbeihilfe, Sozialstaffelzuschüsse,…). Ab Volljährigkeit und falls die Ausbildung noch nicht abgeschlossen ist sollte man es zur eigenen Verfügung haben. Eine Basispension könnte man damit auch abbilden.
    LG
    Bene

  • Paul J. Ettl

    30. April 2021 at 17:14 Antworten

    Sehrt geehrter Herr Loacker,

    herzlichen Dank für diesen Blog und für Ihre Darstellung des Liberalen Bürgergeldes.
    Wenn ich das so lese, so scheint mir, dass es dem „Linzer Modell“ für ein BGE sehr nahe kommt. Auch das „Linzer Modell“ beruht auf dem Prinzip der negativen Einkommensteuer, nur sagen wir, das BGE wird jedem in voller Höhe (Vorschlag: 1.000 €) ausbezahlt, jeder bezahlt aber aus allen Einkommen eine ESt, also ohne Freibetragsgrenze und von der Prozenzzahl auch etwas höher.

    Damit bekommt zB jemand, der heute 800 € monatlich verdient (und dafür keine Steuer bezahlt, weil unter dem Steuerfreibetrag von jährlich 11.000 €) in Zukunft 1.000 € BGE und zahlt von seinem Einkommen ca. 250 € an ESt.

    Wer 43.000 € Jahreseinkommen hat würde nach unserem Modell auch die 12.000 € im Jahr als BGE erhalten, aber 12.000 € mehr Steuern zahlen als bisher, also in Summe keine Änderung merken.

    Den einzigen Unterschied sehe ich in Ihrer Darstellung „Es braucht daher eine Behörde, bei der die Anträge gestellt werden können “ — Warum dann Anträge stellen? Warum Anträge prüfen? Warum Anträge entscheiden? Warum nicht gleich ein BGE für alle als Menschenrecht (siehe Art 22 und 25 der Menschenrechtserklärung)?

    Sie scshreiben „Menschen sollen ihr Leben selbst in die Hand nehmen können und nicht bloß Bittsteller in einem überbürokratisiertem System sein, das Abhängigkeit fördert.“ — Das gefällt mir. Ich sehe das auch so. Daher weg von der Abhängigkeit, weg vom „beantragen müssen“.

    Der Zugang zum BGE ist mMn sehr vom Menschenbild abhängig. Wenn man den Menschen als kreatives, vernunftbegabtes, schöpferisches (vielleicht auch göttliches) Wesen sieht, wird man für ein BGE sein. Wer im Menschen den „faulen Hund“ sieht, wird ihn grängen, zwingen, kontrollieren wollen.

    Unser „Linzer Modell ist auf der Webseite http://www.das-grundeinkommen.org/p/unser-modell.html dargestellt. Meine Berechnungen dazu finden Sie im Buch „Grundeinkommen für ALLE? Auch für mich?“
    (ISBN-13: 9783750452060), das Sie in jeder Buchhandlng bestellen können. Als eBook kann es um 0,99 € beim Verlag direkt bestellt werden (https://www.bod.de/buchshop/ueberlegungen-zum-grundeinkommen-paul-j-ettl-9783750491403)

    Ich würde mich freuen, mit Ihnen ins Gespräch zu kommen.

    Paul Ettl
    Verein „Das Grundeinkommen“
    http://www.das-grundeinkommen.org

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