Schlimmer als TTIP: Das Mietrechtsgesetz
Der Begriff „Geheimverhandlungen“ ist wohl auf dem Weg Unwort des Jahres zu werden. In der Kritik rund um das Freihandelsabkommen TTIP herrscht Einigkeit unter fast allen Beobachtern: Geheimniskrämerei und Intransparenz machen das Abkommen politisch angreifbar. Mehr und offenere Kommunikation wäre ein wichtiges Mittel gegen Spekulation und Misstrauen.
Die Debatte ignoriert allerdings, dass Geheimverhandlungen auch in Österreich fester Bestandteil des politischen Alltagsgeschäfts sind. So wird seit Monaten hinter verschlossenen Türen um ein neues Mietrecht gefeilscht. Die Vertreter von SPÖ und ÖVP samt handverlesenen Vertretern der farblich passenden Kammern und Verbände dealen im Geheimen eine Reform des Mietrechtsgesetzes (MRG) aus. Doch der Verhandlungsinhalt bleibt Ratespielen vorbehalten: Ob nur privater Wohnraum oder auch Geschäftsraummiete betroffen sein wird? Ob Ein- und Zweifamilienhäuser wieder in den Anwendungsbereich des MRG fallen? Selbst unter den Abgeordneten von Rot und Schwarz herrscht weitgehend Ahnungslosigkeit.
Dieses neue Mietrechtsgesetz soll angeblich am 07.06.2016 den Bautenausschuss des Nationalrates passieren. Im Rahmen der gesetzlich vorgesehenen sechswöchigen Begutachtung können bis dahin alle Betroffenen, Fachleute und Interessierten ihre Stellungnahmen abgeben und Korrekturen oder Änderungen vorschlagen. Das heißt, sie könnten das tun, wenn es eine Begutachtung gäbe.
Sechs Wochen vor dem Bautenausschuss, also seit dem 26.04.2016, müsste die Regierungsvorlage auf der Homepage des Parlaments abrufbar sein. Zwar beeinflussen wenige Rechtsmaterien das Leben tausender Bürgerinnen und Bürger so unmittelbar wie das Mietrecht. Doch Stellungnahmen sind nicht erwünscht. Diskussionen sollen vermieden, Diskurs soll unterbunden und die komplizierte Mietrechtsmaterie im Schnellverfahren durchs Parlament gepeitscht werden. Rot-schwarze Deals haben offensichtlich Vorrang vor dem Einbeziehen der Bevölkerung.
Solche Gesetzesvorschläge gehören früh offengelegt und breit diskutiert. Politiker, die Volksvertreter sein wollen, müssten das verstehen.
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