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Die Vermessung des Pensionszuschuss-Lücke

Schon seit einigen Monaten liegen die Bundeszuschüsse zur gesetzlichen Pensionsversicherung über den Annahmen des Budgetvoranschlages. Zwischen Jänner und September ergab sich bereits ein Mehraufwand von 600 Mio. € im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Betrachtet man die Entwicklung der Bundeszuschüsse im Jahresverlauf ergibt sich für die letzten fünf Jahre ein klares Bild, wie sich diese Zuschüsse bis zum Jahresende entwickeln werden. Bis zum Ende 2014 errechneten wir einen Bundeszuschuss von ingesamt 10,778 Mrd. € und damit Mehrausgaben von 584 Mio. € gegenüber dem Budgetvoranschlag.

Das Finanzministerium erklärte, dass diese Lücke auf einer zu hoch eingeschätzten Steigerung des Pensionsantrittsalters zurückzuführen ist. Ohne die Invaliditätspension zu betrachten stieg das Pensionsantrittsalter im ersten Halbjahr 2014 nämlich lediglich um 0,9 Monate.

Eine genaue Betrachtung der Berechnung, der Problematik und Lösungsansätzen seht ihr hier:

Wie kommen die NEOS bloß darauf, dass das Pensionsloch 580 Mio. € groß ist?

Jeden Monat bekommen die Abgeordneten des Nationalrates eine Information des Finanzministeriums über die Monatserfolge im Budgetvollzug. Dort werden für jeden Budgetbereich die aktuellen Entwicklungen der Ausgaben und Einnahmen abgebildet. So hat uns dieser Tage der September-Bericht erreicht, womit wir über das dritte Quartal Bescheid wissen.

Schon seit Monaten liegen die ursprünglichen Annahmen über die Entwicklung der Bundeszuschüsse zur gesetzlichen Pensionsversicherung stark über den Annahmen des im Mai beschlossenen Budgets („Bundesvoranschlag“). „Die Presse” berichtete daraufhin von einem Pensionsloch von 250 Mio. €, welches der Bundesminister sofort auf 80 Mio. € kleinzureden versuchte. Wir halten diese Annahme von Bundesminister Hundstorfer für nicht plausibel und haben selbstnachgerechnet.

Betrachtet man nur die Ausgaben von Jänner bis September dieses Jahres, dann ergibt sich ein Mehraufwand von 600 Mio. im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Um den Mehraufwand bis zum Ende des Jahres abzuschätzen, steht man vor dem Problem, dass die Pensionszuschüsse starken monatlichen Schwankungen unterliegen.

Betrachtet man die monatlichen Zuschüsse in den letzten fünf Jahre, kann aber ein eindeutiger Trend heraus gelesen werden. Mit Hilfe dieses Trends kann plausibel auf den gesamten Mehraufwand des ganzen Jahres 2014 geschlossen werden. Schließlich ist anzunehmen, dass die Monate Oktober bis Dezember jedes Jahr in einem ähnlichen Größenverhältnis zu den Monaten Jänner bis September stehen.

Die durchschnittlichen monatlichen Auszahlungen im vierten Quartal lagen zwischen 82% (2013) und 100% (2009), gemessen an den durchschnittlichen Quartals-Zuschüssen von Jänner-September. Der Durchschnitt der letzten fünf Jahre betrug rund 91%. Man kann anhand dieses Trends und der Streuung der letzten fünf Jahre davon ausgehen, dass im letzten Quartal die Zuschüsse zwischen 80% und 100% im Vergleich zu den vorhergehenden Quartalen liegen.

Bisher wurden 2014 bereits 8,291 Mrd. € an Zuschüssen zu ausbezahlt, das bedeutet für die ersten drei Quartale im Durchschnitt 2,763 Mrd. €. Nehmen wir vereinfacht einen Durchschnittswert von 90% dieser durchschnittlichen Quartalswerte für das vierte Quartal, so beträgt der Zuschuss im letzten Quartal 2,487 Mrd. €. Damit sind bis zum Ende des Jahres Zuschüsse in Höhe von 10,778 Mrd. € zu erwarten. Veranschlagt wurden aber laut Bundesvoranschlag aber nur 10,194 Mrd. € – somit errechnet sich ein Finanzierungsloch im Bereich der Zuschüsse von 584 Mio. €!

Gehen wir von der optimistischen Annahme aus, dass in diesem Jahr im letzten Quartal nur 80% der durchschnittlichen Zuschüsse im Quartalsvergleich zugeschossen werden müssten, kämen wir noch immer auf eine Lücke von 307 Mio. €.

Wie kann es zu dieser Entwicklung kommen?

Im Bericht des BMF „Entwicklung des Bundeshaushaltes Jänner-September 2014″ steht: „In der UG 22 (Sozialversicherung) [Zuschüsse Pensionen] gibt es eine deutliche Abweichung gegenüber dem BVA 2014. Diese Abweichung ergibt sich aus höheren Pensionsaufwendungen der PV-Träger gegenüber den veranschlagten Werten, da der erwartete Basiseffekt und die erwarteten Einsparungen aus der Steigerung des Antrittsalters nicht in vollem Umfang lukriert werden konnten.”

Natürlich spielen das fehlende Wirtschaftswachstum und die damit einhergehende hohe Arbeitslosigkeit eine Rolle, weil dadurch weniger Beiträge ins System fließen, als ursprünglich budgetiert war. Darüber hinaus haben wir schon beim Budgetbeschluss kritisiert, dass die Erwartungen des Sozialministeriums zur Steigerung des Pensionsantrittsalters viel zu hoch angesteckt sind, vor allem im Vergleich zu den Erwartungen der Pensionssicherungskommission.

Zwar wird auch in der „Presse” ausgeführt, dass das Pensionsantrittsalter tatsächlich stark, um 0,7 Jahre bzw. auf 59,1 Jahre erhöht hat. Dies ist aber vor allem auf die Neuregelung der Invaliditätspension zurückzuführen, die es in dieser Form für unter 50-Jährige nicht mehr gibt.

Betrachtet man die Entwicklung des Pensionsantrittsalters OHNE die Invaliditätspension, stieg das Pensionsantrittsalter zwischen Jänner und Juni um lediglich 0,9 (!) Monate, also nicht mal um einen ganzen Monat. Besonders interessant ist, dass das Pensionsantrittsalter beim Antritt einer ganz normalen Alterspension – d.h. ohne Haklerregelungen, vorzeitige Alterspension aufgrund langer Versicherungszeiten, Korridorpension oder Schwerarbeiterpension – sogar gesunken ist, um 1,1 Monate! Ein Drittel aller Pensionisten kommt auf diesem Weg zu einer Pension.

Wir sehen darin ein eindeutiges Indiz dass sich längeres Arbeiten nicht lohnt und jede Möglichkeit früher in Pension zu gehen genutzt wird. Eine besorgniserregende Entwicklung!

Mit dieser extremen Ausgabendynamik (ca. + 9% p.a.) wird laut unserer Berechnung bereits dieses Jahr das Zuschussniveau von 2015 erreicht. Wenn es sich nicht ausgerechnet um den mit Abstand größten Ausgabenposten des Bundesbudgets handeln würde, könnte man ja müde darüber lächeln oder beschwichtigen, wie dies der Sozialminister tut. Aber Tatsache ist, dass bereits 26% aller Bundesausgaben Zuschüsse zu den Pensionen sind. Das sind also nicht alle Pensionsausgaben, sondern nur jene Teile die nicht von den Pensionsversicherungen gedeckt werden können.

Diese Entwicklung rückt jede Möglichkeit einer Budgetkonsolidierung in weite Ferne. Wie eine Steuerreform im Umfang von mehreren Milliarden finanziert werden soll, ist höchst fraglich. Solange keine umfangreichen Strukturreformen – vor allem im Pensionsbereich – angegangen werden, wird es keinen Spielraum für eine Budgetkonsolidierung, einer Steuerreform oder andere wichtige und bedeutsame Zukunftsinvestitionen geben können.

Wie können wir eine entsprechende Pensionsreform erreichen?

Wir NEOS haben dazu schon einige konkrete Vorschläge gemacht und auch deren budgetäre Auswirkungen vom Wirtschaftsforschungsinstitut EcoAustria berechnen lassen.

Wesentlich ist es, Anreize zu setzen, damit Menschen länger arbeiten können und wollen als nur bis zum ehestmöglichen Pensionsantrittstermin. Mit einem entsprechenden System an Zu- und Abschlägen soll ein flexibler Pensionsantritt zwischen 61 und 69 möglich sein, wobei 65 das Referenz-Pensionsantrittsalter ist. Hier orientieren wir uns am schwedischen Modell mit einem flexiblen Pensionsantritt. Damit dieses System auch nachhaltig aufgestellt ist, muss das Referenz-Pensionsantrittsalter an die Lebenserwartung gekoppelt werden. Dies sorgt dafür, dass das Verhältnis zwischen Jahren in Erwerbstätigkeit und Jahren in Pension ausgeglichen bleibt.

Alleine die Koppelung des Pensionsantrittsalters an die Lebenserwartung würde langfristig eine Verringerung der effektiven Staatsverschuldung von 125% mit sich bringen und Freiräume für eine umfassende Steuerreform schaffen.

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