Nur eine Steuer noch: Erbschaftsteuer
Österreich ist ein Hochsteuerland im internationalen Vergleich. Ab 2024 überholt unsere Abgabenquote die von Schweden.[1] Aber nur eine Steuer noch, dann wird alles gut: die Erbschaftsteuer.
Die Tageszeitung „Der Standard“ publizierte kürzlich einen Gastkommentar von Josef Redl, wieder einmal ein Beitrag zum Thema Erbschaftsteuer.[2] Wie die meisten Befürworter der Erbschaftsteuer gibt auch Herr Redl das Geld, das eine solche Steuer abwerfen soll, in seinem Artikel für viele gute Ideen aus:
- Um die Schuldenberge der letzten Jahre abzubauen
- Für verbesserte Pflege
- Für ein „Grunderbe für Junge“ im Volumen von EUR 2,7 Milliarden
Welches Gesamtvolumen Herr Redl sich für seine Steuer vorstellt und wie diese Summe genau aufgebracht werden soll, führt er nicht aus. Er konzentriert sich auf die Verwendung der Mittel, eben Schuldenabbau, Verbesserung der Pflege und „Grunderbe“ für junge Menschen.
Daher setze ich mir die Aufgabe, genauer anzuschauen, wie denn die Einnahmenseite einer solchen ErbSt aussehen muss, um die Ausgabenpläne des Autors zu finanzieren. Rechnen wir also von der alten ErbSt aus dem Jahr 2007 weg. Im Schnitt lag das Volumen dieser Steuer zwischen EUR 100 und 150 Mio, selbst im stärksten Jahr (2001) waren es nur 190 Mio.[3] Nehmen wir der Einfachheit halber das Mittel von EUR 125 Mio, inflationsbereinigt nicht ganz EUR 200 Mio im Jahr.
Wie würde also der Autor des Standard-Artikels die Mittel ausgeben, die aus einer Erbschaftsteuer in die Staatskasse fließen:
- Schuldenberge abbauen:
Allein die COVID-Hilfen haben EUR 42 Milliarden gekostet.[4]
Wenn die ErbSt diesen Schuldenberg abbauen soll, müssen wir die ErbSt für die nächsten 210 Jahre zweckwidmen. Um dieses Ziel in einem Erwerbsleben (45 Jahre) zu erreichen, wäre fast eine Milliarde jährlich erforderlich, man müsste also die alte ErbSt zumindest verfünffachen.
- Verbesserte Pflege:
Die Langzeitpflege hat in Österreich 2015 bereits EUR 4,9 Milliarden gekostet.[5] Derzeit werden wir irgendwo knapp unter EUR 6,0 Mrd stehen. Nehmen wir an, eine „verbesserte Pflege“ kostet 20% mehr, sind das EUR 1,2 Mrd. Das würde dann eine ErbSt erfordern, die sechsmal so hoch ist wie die 2008 abgeschaffte ErbSt.
- Grunderbe für Junge im Volumen von EUR 2,7 Milliarden
Diese Idee bräuchte jährlich eine ErbSt, die mehr als 13mal so hoch ist wie die alte ErbSt.
Herr Redl gibt also in seinem Gastkommentar schnell einmal das 24fache der alten ErbSt aus. Damals gab es verschiedene Steuersätze, die bei 2% begonnen und bei 60% geendet haben. Erbschaften über 1 Mio EUR gab es übrigens im Jahr 2007 nur 16 und im Jahr 2006 genau 24 an der Zahl.[6] Das sind also bei 85.000 Todesfällen im Jahr sehr seltene Ereignisse. Das 24fache von damals zu lukrieren ist einfach völlig unrealistisch und würde in vielen Fällen geradezu eine Konfiskation der gesamten Hinterlassenschaft nötig machen.
Des Weiteren enthält der Gastkommentar des Josef Redl eine Reihe von Postulaten, die wohl die (legitime) Meinung des Autors darstellen. Aber Postulate sind nun einmal keine Tatsachen. Dass also eine ErbSt dem „Gerechtigkeitsinteresse“ diene, ist eine Annahme. Wenn aber zwei Personen je 1 Million besitzen, der eine sie verprasst und der andere sie spart, frage ich mich schon, wo die Gerechtigkeit liegt, die ersparte Million einer ErbSt zu unterwerfen.
Warum eine ErbSt dem „Gemeinwohl“ dienen soll, erklärt der Autor ebenfalls nicht.
In Summe belaufen sich die Sozialausgaben in Österreich bereits jetzt auf sagenhafte 32,8% des BIP.[7] Wenn wir es mit mehr als EUR 130 Milliarden im Jahr nicht schaffen, sozialen Ausgleich („Gemeinwohl“?) zu bewerkstelligen, liegt es offensichtlich nicht an der Summe der Ausgaben, sondern an der Frage, ob die Richtigen das viele Geld bekommen. [8]
Politische Forderungen sind rasch aufgestellt. Aber oft ist es vorteilhaft, die eigene Idee mit dem Taschenrechner einem Realitätscheck zu unterwerfen, bevor man sie hinausträgt.
Worum wir uns wirklich kümmern müssen, sind bessere Chancen, in Österreich aus eigener Kraft Wohlstand aufzubauen. Dafür müssen die Steuern auf Arbeit massiv runter, nämlich auf Vollzeitarbeit. Die jahrzehntelang gepredigte „Entlastung der Kleinverdiener“ hat vor allem Teilzeitarbeit steuergünstig gemacht. Bei Arbeit in Vollzeit, Überstunden, Zweitjobs räumt der Staat massiv ab. Das führt heute dazu, dass ein Angestellter mit Durchschnittsgehalt zusätzlich zu 18% Sozialversicherung einen Grenzsteuersatz von 40% berappen muss. So kann vom Fleiß nichts übrigbleiben. Dieses Grundproblem löst auch eine Erbschaftsteuer nicht.
[1] https://wko.at/statistik/eu/europa-abgabenquoten.pdf
[2] https://www.derstandard.at/story/2000143057634/eine-erbschaftssteuer-fuer-das-grunderbe-ja-bitte
[3] https://www.diepresse.com/4673841/warum-die-steuer-aufs-erbe-in-schlechter-erinnerung-ist
[4] https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/wirtschaft/oesterreich/2142864-Bis-dato-flossen-rund-42-Milliarden-Euro-an-Covid-Hilfen.html
[6] https://www.diepresse.com/5689654/es-trifft-nicht-nur-die-superreichen
[7] https://www.statistik.at/fileadmin/announcement/2022/08/20220812SozialquoteSozialausgaben2021.pdf
[8] https://gerald-loacker.eu/mythen-um-die-erbschaftssteuer/
No Comments