Zahlentricks statt Pensionsreformen
Strategisch clever wurde das „Gutachten für die Entwicklung der Pensionsgebarung bis 2020“ 10 Minuten vor Ende der parlamentarischen Ausschussverhandlung über das Pensionsbudget ausgeschickt. So konnte der Sozialminister vermeiden, dass dieses Gutachten Teil der Diskussion wird. Ansonsten wären die Unterschiede zwischen diesem Gutachten und den Budgetwerten ans Licht geraten.
Denn die Prognosen der Kommission zur langfristen Pensionssicherung – treffenderweise mit KOLAPS abgekürzt – im Gutachten und der Bundesvoranschlag liegen weit auseinander. Es finden sich mehrere kleine Unterschiede, die jedoch in Summe große Wirkung zeigen. Resultat ist eine Differenz von 240 Millionen im Jahr 2016, rund 800 Millionen bis 2019 und 1 Milliarde Euro bis 2020.
Ausschlaggebend dafür ist, dass sich bereits die Grundannahmen des Finanzministeriums (Bundesvoranschlag) und des Sozialministeriums (dessen Daten verwendet die KOLAPS) für 2016 wesentlich unterscheiden. Diese grundlegenden Differenzen erhöhen sich im zeitlichen Verlauf.
Dabei beunruhigt mich besonders, dass die Vertreter der beiden Mehrheitsparteien sowohl dem Bundesvoranschlag als auch dem Gutachten zustimmen, ohne dies genauer zu hinterfragen. Nur einen Tag nach dem Bundesvoranschlag wird das Gutachten der Pensionskommission beschlossen. Über die Unterschiede wird nicht einmal diskutiert. Welches politische Kalkül führt zu diesen verschiedenen Sichtweisen? Und wen kümmert die Frage, welche Zahlen überhaupt die richtigen sind?
Eine genauere Betrachtung ergibt: Das Gutachten der Pensionskommission wird im Sozialministerium erstellt, das eine günstigere Entwicklung mit zahlenmäßiger Schönfärberei herbeirechnet. Im Gegensatz dazu sieht das Finanzministerium aufgrund schlechterer Entwicklung eher Reformbedarf im Pensionsbereich.
Die Details: Das KOLAPS-Gutachten rechnet im Jahresdurchschnitt 2016 mit 2.338.250 Pensionsbezieher_innen, der Bundesvoranschlag mit 2.344.120. Auch die Höhe der Durchschnittspension unterscheidet sich: Im Gutachten wird von 1.097,23€ ausgegangen, im Voranschlag von 1096,51€. Diese Differenzen mögen klein erscheinen, bringen aber im Jahr 2016 im Gutachten um 66,5 Millionen geringere Pensionsausgaben.
Auch die Annahme der Beitragsgrundlagenentwicklung ist im Gutachten günstiger als im Voranschlag, und die durchschnittliche Beitragsgrundlage selbst wird im Gutachten höher eingeschätzt. Dadurch ergibt sich wiederum ein Unterschied von 1,1 Milliarden Euro. Das Sozialministerium rechnet hier viel optimistischer – die Grundlagen für die Berechnung der Pensionsausgaben werden an drei winzigen Stellschrauben minimal verändert, aber dreimal genau in jene Richtung, die „Happy Rudi“ Hundstorfers Beruhigungspolitik stützt.
Und der hat nur ein Ziel: Jegliche Reformbestrebung muss im Keim erstickt werden.
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